Nachhaltige Lösungen für Mobilität, Industrie und Wärme

Biokraftstoffe sind vielseitig einsetzbar. Aktuell entfalten sie vor allem im Straßenverkehr ihr Potenzial. Perspektivisch werden sie helfen, den Luft- und Schiffsverkehr zu dekarbonisieren. Aber auch im Industrie- und den Wärmebereich trägt die Biokraftstoffindustrie dazu bei, auf fossilen Rohstoffen basierende Energieträger und Grundstoffe zu ersetzen.

Klimaschützer Nummer 1 im Straßenverkehr

Klimaschutz im Straßenverkehr wird vielfach mit Elektromobilität gleichgesetzt. Tatsache ist: Aktuell sind es Biokraftstoffe, die über 95 Prozent der erneuerbaren Energien in dem Sektor stellen. Und das wird in den kommenden Jahren so bleiben: Auch 2030, wenn in Deutschland noch ca. 38 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotoren zu erwarten sind, werden Biokraftstoffe auf den Straßen die dominierende Quelle nachhaltiger Energie sein. Die Treibhausgaseinsparungen durch Biodiesel und Bioethanol werden dann durch E-Mobilität ergänzt.

Ohne Mehrfachanrechnung: Biokraftstoffe sparen fast doppelt soviel CO2 wie E-Mobilität ein

* 80% erneuerbarer Strom, 15 Mio. E-Pkw 2030
** bei 24 g CO2/MJ / 75% THG-Einsparung gegenüber fossil

Quellen: BLE, VDB-Szenario

Hinzu kommt: Wie sollen 2030 schwere Nutzfahrzeuge wie Lkw, Busse oder landwirtschaftliche Maschinen – die nur begrenzt elektrifizierbar sind – betankt werden? Strombasierte synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) oder grüner Wasserstoff werden erst später in nennenswerten Mengen zur Verfügung stehen. Damit ist klar: Biokraftstoffe werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Energiemix des Straßenverkehrs übernehmen. Für mehr Klimaschutz kann der Anteil von Biodiesel, Bioethanol und Biomethan bereits heute schrittweise erhöht werden.

Biodiesel, Bioethanol und Biomethan unterliegen strengen Qualitätsnormen und können sicher und ohne technische Probleme genutzt werden. Sie werden den fossilen Kraftstoffen Diesel, Benzin oder Erdgas beigemischt. Die gängigsten Kraftstoffarten sind B7, das als Diesel standardmäßig getankt wird, E5 als herkömmliches Benzin sowie E10. Die Zahlen 7, 5 und 10 geben dabei an, wie hoch der prozentuale Anteil des alternativen Kraftstoffs maximal sein darf. Biomethan kann von allen Erdgas-Fahrzeugen als Bio-CNG (Compressed Natural Gas) getankt werden. Klar ist: Je höher die Beimischung des Biokraftstoffs, desto größer ist der positive Effekt auf das Klima.

Luftverkehr

Bisher hat der Flugverkehr praktisch nicht zur Dekarbonisierung beigetragen. Dies ist vor allem auf mangelnde Regulierung zurückzuführen. Der Energieverbrauch in der Luftfahrt ist erheblich und nimmt weiter zu. Um die durch die Antriebsenergie verursachten THG-Emissionen des Luftverkehrs zu reduzieren, müsste fossiles Kerosin durch erneuerbare Treibstoffe (Sustainable Aviations Fuels, SAF) ersetzt werden. Aus technischer Sicht kommen Biotreibstoffe (hydriertes Pflanzenöl, HVO sowie Biomass-to-Liquid, BtL) und strombasierte Treibstoffe (Power-to-Liquid, PtL) in Frage.


Biokraftstoffe werden heute fast ausschließlich im Straßenverkehr eingesetzt; ihr Marktanteil beläuft sich in Deutschland auf ca. 7 Prozent. Aufgrund der überragenden Bedeutung des Straßenverkehrs bei den THG-Emissionen im Verkehrssektor besteht in den kommenden Jahren die vorrangige Aufgabe, den Anteil fossiler Kraftstoffe dort zügig zu senken. Erhebliche Biokraftstoffmengen werden somit auch zukünftig für die Dekarbonisierung des Straßenverkehrs benötigt – nicht als Alternative zur E-Mobilität, sondern als zwingend erforderliche Ergänzung. Es ist daher nicht sinnvoll, Rohstoffe, die heute und auch in absehbarer Zukunft zur Produktion von Biokraftstoffen für den Straßenverkehr benötigt werden, in die Herstellung von Biotreibstoffen für den Luftverkehr zu verlagern. Stattdessen sollten strombasierte Treibstoffe zum Einsatz kommen.

CO2-Emissionen im Verkehrssektor (2022)

Quelle: UBA

Der Hochlauf erneuerbarer Treibstoffe im Luftverkehr wird zukünftig mit der so genannten “ReFuelEU Aviation”-Verordnung EU-weit geregelt, auf die sich das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten im April 2023 geeinigt haben. Demnach müssen Airlines auf innereuropäischen Flügen ab 2025 volumetrische Mindestquoten für die Beimischung von SAF erfüllen. Sie steigen schrittweise von 2% (2025) auf 70% im Jahr 2050 (für strombasierte SAF gibt es eigene Mindestquoten).
Dabei trifft die Verordnung genaue Vorgaben, welche Arten von erneuerbaren Treibstoffen verwendet werden dürfen:

  • Renewable Fuels of Non-Biological Origin (RFNBO), d.h. synthetische, mit erneuerbarem Strom hergestellte Treibstoffe;
  • Low Carbon Aviation Fuels (LCAF), d. h. synthetische, mit Atomstrom hergestellte Treibstoffe;
  • Recycled Carbon Fuels (RCF), d. h. aus Abgasen oder Altplastik gewonnene Treibstoffe;
  • Biokerosin unter Ausschluss von Anbaubiomasse (sowie bestimmter weiterer Rohstoffe) und bei Einhaltung der EU-Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe gemäß Erneuerbare Energien-Richtlinie (RED).

Damit erlaubt die ReFuelEU Aviation die Mobilisierung signifikanter Mengen biogener Abfall- und Reststoffe für den Luftverkehr. Dies wird zusätzlich durch eine Mehrfachanrechnung im Rahmen der parallel beschlossenen RED-Novelle gefördert: Zu SAF verarbeitete fortschrittliche biogene Rohstoffe (gemäß Anhang IX Teil A der RED) lassen sich 2,4-fach auf die Erneuerbare Energien-Ziele der Mitgliedstaaten anrechnen, bei ihrem Einsatz im Straßenverkehr nur 2-fach.
Es ist somit zu befürchten, dass heute bereits genutzte Rohstoffe vom Straßenverkehr auf den Luftverkehr verlagert werden. Eine reale Treibshausgasminderung im Verkehrssektor würde dadurch nicht erzielt. Im Gegenteil: Die Produktion von Biokerosin ist ggü. Biokraftstoffen für den Straßenverkehr deutlich aufwändiger, so dass im Produktionsprozess mehr THG-Emissionen entstehen und die Treibhausgaseinsparungen geringer ausfallen.

Herausforderung Dekarbonisierung des Schiffsverkehrs

Der internationale Schiffsverkehr ist für etwa 2,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Hinzu kommen die Binnen- und Küstenschifffahrt. Zum Einsatz kommen beim Schiffsverkehr vor allem Schweröl und Diesel auf fossiler Basis. Elektromobilität ist auf absehbare Zeit nur für kurze Strecken und bestimmte Schiffstypen eine Option. 

Auch in der Schifffahrt können Treibhausgase durch den Einsatz von Biodiesel eingespart werden. Für die Schifffahrt in Deutschland und auch in vielen anderen europäischen Ländern gelten zwar bisher keine verbindlichen Vorgaben für den Anteil erneuerbarer Energien oder für die THG-Minderung ihrer Antriebsenergie, allerdings hat sich die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (engl. International Maritime Organization, IMO) darauf verständigt, den Treibhausgasausstoß in der Seeschifffahrt um 40% bis 2030 zu reduzieren. Dies zeigt sich auch in der aktuellen Überarbeitung der Schiffkraftstoffnorm ISO 8217, die um acht Kraftstoffqualitäten ergänzt wird, die allesamt den Einsatz von Biodiesel sogar als Reinkraftstoff (B100) zulassen. Eine Veröffentlichung ist für Anfang 2024 geplant.

Im März 2023 haben sich Mitgliedstaaten und Parlament der EU darauf geeinigt, im Rahmen der “FuelEU Maritime”-Verordnung eine Treibhausgasreduktionsquote für den europäischen Schiffsverkehr einzuführen. Ab 2025 gilt eine Minderungsvorgabe von 2%, die schrittweise auf 31% im Jahr 2040 und 80% 2050 steigt. Die Quote ist auf alle Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von über 5.000 auf Fahrten zwischen EU-Häfen anzuwenden. Für Fahrten aus oder in die EU gilt sie für 50% der dabei entstehenden Emissionen. Zur Erfüllung der Vorgaben können Quotenverpflichtete analog zur Luftfahrt verschiedene erneuerbare und “emissionsarme” Schiffskraftstoffe einsetzen, darunter auch Biokraftstoffe. Anbaubiomassebasierte Schiffskraftstoffe werden jedoch aller Voraussicht nach nicht anrechenbar sein.

In Deutschland legt die 10. BImSchV die verschiedenen zugelassenen Schiffskraftstoffe fest, wobei sich die Anforderungen aus der DIN ISO 8217 und zusätzlichen Schwefelgrenzwerten ergeben. Die sogenannten DF-Grades (Destillatkraftstoffe DFA, DFZ und DFB) dürfen bereits heute bis zu 7% (V/V) Biodiesel enthalten. Außerdem dürfen
für Binnenschiffe andere flüssige Kraftstoffe verwendet werden, sofern der zulässige Schwefelgehalt von max. 10 mg/kg eingehalten wird. Damit sind prinzipiell auch höhere Biodieselbeimischungen erlaubt und durch viele Motorenhersteller bereits freigegeben (Freigabeliste Verbände).

Verflüssigtes Biomethan kann anstelle von fossilem Erdgas in LNG-Schiffen eingesetzt werden. 

Biokraftstoffhersteller verbinden energetische und stoffliche Nutzung

Biokraftstoffe können nicht nur als Energieträger im Verkehr, sondern zukünftig verstärkt auch als Basischemikalien in der chemisch-pharmazeutischen Industrie zum Einsatz kommen. Bereits heute wird Glycerin, das Koppelprodukt der Biodieselproduktion, zur Herstellung von Tabletten, Zahnpasta, Desinfektionsmitteln und Seifen genutzt.
Lecithin, ein Koppelprodukt aus der Raffination des Rohstoffs Pflanzenöl, wird in einer Vielzahl von Anwendungen als Lösungsmittel und Emulgator eingesetzt, sowohl in der Lebensmittelindustrie als auch in der Herstellung von Farben, Lacken und Chemiefasern.

Bioethanol hat fossil basiertes Ethanol ersetzt, beispielsweise in Desinfektionsmitteln für Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen. Kurz: Die Biokraftstoffindustrie liefert unverzichtbare Produkte, die nicht nur energetisch, sondern auch (und nach 2030 in zunehmendem Maße) stofflich genutzt werden. Damit ist unsere Industrie im Rahmen der Bioökonomie volumenstärkster Verarbeiter landwirtschaftlicher Biomasse außerhalb der reinen Nahrungsmittelproduktion. Durch die Einnahmen aus der Biokraftstoffherstellung können weitere Produkte entwickelt und vermarktet werden.

Allerdings wird diese symbiotische Beziehung zwischen energetischer und stofflicher Nutzung im politischen Prozess vielfach nicht hinreichend beachtet. So fordern die „Eckpunkte der Bundesregierung für eine Nationale Biomassestrategie“, die im November 2022 veröffentlicht wurden, eine kategorische Bevorzugung der stofflichen Nutzung von Biomasse. Eine solche Festlegung ist sachlich nicht zu begründen und praxisfern. Da erwartet wird, dass der Bedarf an erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehr bis 2045 höher als heute ist, erscheint ein Umsteuern klimapolitisch kontraproduktiv.

Bioheizöl kann Teil der Wärmewende werden

Aktuell verursacht der Betrieb von Gebäuden in Deutschland etwa 30 Prozent der Treibhausgasemissionen., wovon die Wärmeerzeugung den Löwenanteil ausmacht. Bei der Wärmewende setzt die Bundesregierung auf den Austausch alter Heizungen durch Systeme, die mit erneuerbaren Energien (bevorzugt: erneuerbarem Strom) betrieben werden. Für die 4,4 Millionen Ölheizungen im Bestand ist der Umstieg auf einen erneuerbaren Brennstoff eine praktikable Alternative.

Für diese Fälle bietet sich sogenanntes Bioheizöl – dem Biodiesel beigemischt ist – als klimafreundlicher Brennstoff an. Die Nachhaltigkeit des Bioanteils und die Treibhausgaseinsparung von mindestens 50 Prozent sind durch die Nachhaltigkeitszertifizierung garantiert. Alle Ölheizungen können ohne Anpassungen mit normgerechtem Bioheizöl (DIN V 51603-6) mit einem Biodieselanteil von bis zu 5,9 Prozent betrieben werden. Viele Hersteller haben neuere Ölheizungen für Beimischungen von bis zu 10,9 Prozent freigegeben.

Ansprechpartner
Marco Zühlke

Referent Nachhaltigkeit und Markt
+49 (0)30 726259-13
zuehlke@biokraftstoffverband.de

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