Rahmenbedingungen für Biokraftstoffe in der EU

Mit dem EU Green Deal hat sich die Europäische Kommission 2019 einer umfassenden grünen Wachstumsstrategie verschrieben. Sie zielt darauf ab, Europa bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Der Green Deal umfasst eine breite Palette von politischen Initiativen und Gesetzgebungsvorschlägen in verschiedenen Sektoren, darunter dem Verkehr. Dabei will die EU den Anteil erneuerbarer Energien noch stärker erhöhen. Der naheliegende Ansatz, Biokraftstoffe – neben Elektromobilität, Wasserstoff und anderen erneuerbaren Energieträgern – als Teil eines umfassenden Ansatzes zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors angemessen zu fördern, wurde in Brüssel leider nicht verfolgt.

Fit for 55: Erster Schritt zur Klimaneutralität

„Fit for 55“ ist ein umfassendes EU-Gesetzgebungspaket, um die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Die wichtigsten bereits auf den Weg gebrachten Bestandteile des Pakets sind:

  • die Reform der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III),
  • die Ausweitung des europäischen Emissionsrechtehandels (ETS) und die Einführung eines eigenen ETS II für Straßenverkehr und Gebäudewärme,
  • die Verschärfung der EU-Lastenteilungsverordnung (engl. Effort Sharing Regulation, ESR),
  • die Festlegung erheblich verschärfter CO2-Flottengrenzwerte für Pkw und Lkw,
  • die Einführung von Klimaschutzvorgaben für die Luft- und Schifffahrt.

Außerdem verhandeln die Mitgliedstaaten derzeit noch über eine Reform der Energiesteuerrichtlinie, damit zukünftig Energieerzeugnisse gemäß ihren Umweltauswirkungen besteuert werden.

REPowerEU: Energieimporte senken

Die EU ist zu 56 Prozent von Energieimporten abhängig. Dies will die Europäische Kommission mit der 2022 ins Leben gerufenen Initiative REPowerEU als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine ändern: Importe fossiler Energien wie Erdgas und Erdöl sollen sinken, der Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch steigen.

Effort Sharing Regulation: Vorgaben für alle Nicht-ETS-Sektoren

Die Effort Sharing Regulation (ESR) gibt den EU-Mitgliedsstaaten bis 2030 verbindliche CO2-Einsparvorgaben für die Bereiche Gebäude, Verkehr, Land- und Abfallwirtschaft vor. Deutschland muss seine Emissionen um 50 Prozent (ursprünglich: 38 Prozent) im Vergleich zu 2005 senken – und wird dieses Ziel nach aktuellen Prognosen verfehlen. Als Folge muss die Bundesregierung dann von anderen EU-Mitgliedsstaaten, die ihre Vorgaben übererfüllen, Emissionsrechte zukaufen, was mit erheblichen Kosten verbunden sein dürfte.

Gut zu wissen: Der Biokraftstoffeinsatz in Deutschland verringert die Zielverfehlung erheblich. So entlasten Biodiesel, Bioethanol und Biomethan den Bundeshaushalt bis 2030 nach Berechnungen von DIW Econ bis zu 10 Milliarden Euro.

Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED): Grundlage der EU-Biokraftstoffpolitik

Die RED legt ein verbindliches Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien in den Mitgliedstaaten fest, mit einem eigenen Unterziel für den Verkehrssektor Zudem enthält die RED Regelungen für die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen.

Die wichtigsten Regelungen der aktuell geltenden RED II für den Verkehrssektor sind:

  • In den EU-Mitgliedsländern sollen bis 2030 mindestens 14 Prozent der Antriebsenergie im Verkehrssektor aus erneuerbaren Quellen stammen. Da dieser Wert Mehrfachanrechnungen enthält, liegt der tatsächliche Anteil deutlich darunter.
  • Elektromobilität auf der Straße und Schiene wird mehrfach auf das Ziel angerechnet.
  • Der Beitrag abfall-/reststoffbasierter Biokraftstoffe gemäß Anhang IX Teil B der Richtlinie (Altspeisefett, Tierfett) zählt doppelt auf das Ziel, ist jedoch auf 1,7% der im Verkehr verbrauchten Energie begrenzt. Mitgliedstaaten können diesen Deckel begründetermaßen anheben.
  • Für fortschrittliche Biokraftstoffe gemäß Anhang IX Teil A der Richtlinie gilt eine verbindliche Unterquote in Höhe von 3,5% im Jahr 2030. Da auch diese Biokraftstoffe doppelt auf das Ziel angerechnet werden können, beträgt der Mindestanteil (nur) 1,75%.
  • Die RED II begrenzt den maximal auf das 2030-Ziel anrechenbaren Anteil von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse auf den Marktanteil im jeweiligen Mitgliedstaat im Jahr 2020 (plus max. 1%-Punkt, höchstens aber 7%.
  • Faktisch wird die Nachfrage nach Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse und aus Abfällen/Reststoffen (Anhang IX Teil B) begrenzt durch die relativ niedrige Quote der RED II für erneuerbare Energien im Verkehr: Durch die Anrechnung der E-Mobilität sowie die Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe verbliebe für den deutschen Markt praktisch kein Bedarf an weiteren erneuerbaren Kraftstoffen, so dass anbaubiomasse- und abfall-/reststoffbasierte Biokraftstoffe verdrängt würden. Erst die deutsche Umsetzung der RED II mit einer ausreichend hohen THG-Quote sorgt dafür, dass derzeit das Potenzial aller Erfüllungsoptionen ausgeschöpft werden kann.
  • Die Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe wurden in Details angepasst. Eine EU-weite Datenbank für Nachhaltigkeitsnachweise soll eingerichtet werden.
  • Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse: Die RED II begrenzt den Anteil von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse, die für die Zielvorgabe von 14 Prozent herangezogen werden können, auf 7 Prozent. Zudem dürfen die Mengen den Wert von 2020 in den Mitgliedstaaten nicht überschreiten (+/- 1 Prozent).

Im Rahmen des Fit-for-55-Prozesses haben sich Mitgliedstaaten und EU-Parlament im Trilog-Verfahren im Mai 2023 auf eine Reform der RED II verständigt, die voraussichtlich im Herbst formell beschlossen wird. Die Richtlinie wird jetzt als RED III bezeichnet. Die wichtigsten Änderungen gegenüber der RED II sind:

  • Erhöhte Zielvorgaben: Die RED III wechselt – analog zur deutschen THG-Quote – zu einer Treibhausgasminderungsquote, deren Höhe im Jahr 2030 14,5% beträgt. Alternativ können die Mitgliedstaaten das von 14 auf 29% angehobene 2030-Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr erfüllen.
  • Unterquoten: Bis 2030 soll mindestens 5,5% der im Verkehr verbrauchten Energie aus fortschrittlichen Biokraftstoffen und synthetischen, mit grünem Strom gewonnenen Kraftstoffen (RFNBO, d.h. grüner Wasserstoff und E-Fuels) stammen.
  • Markteinführung B10: An europäischen Tankstellen muss zukünftig Dieselkraftstoff mit einem Maximalanteil von 10% Biodiesel angeboten werden. B7 wird weiterhin als Schutzsorte verfügbar sein.

FQD: Kraftstoffemissionen im Fokus

Die Fuel Quality Directive (FQD, dt. Kraftstoffqualitätsrichtlinie) legt Anforderungen für die Qualität von Kraftstoffen fest – auch um die Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen zu reduzieren.

CO2-Flottengrenzwerte für Pkw

Die EU hat für Pkw-Neuwagen verbindliche CO2-Flottengrenzwerte festgelegt, die Automobilhersteller mit ihren in der EU verkauften Fahrzeugen erreichen müssen. 2021 betrug der durchschnittliche Flottengrenzwert für Pkw 95 Gramm CO2 pro Kilometer. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen um 55% für neue Pkw und um 50% für neue Lieferwagen bis 2030 gegenüber dem Stand von 2021 reduziert werden. Weiterhin wurde eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 100% für neue Pkw und Kleintransporter bis 2035 beschlossen, was eine Neuzulassung von Verbrennungsmotoren betriebenen Fahrzeugen defacto ausschließt.

Eine Ausnahme wird voraussichtlich nur für allein mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge gelten. Dass Biokraftstoffe als Erfüllungsoption nicht anerkannt werden, ist angesichts ihrer schon heute geleisteten Emissionsminderung ein politischer Fehler, der sich im noch laufenden Gesetzgebungsverfahren für CO2-Flottengrenzwerte für Lkw und schwere Nutzfahrzeuge nicht wiederholen darf. Aus Gründen der methodischen Konsistenz ist es erforderlich, dass alle (zusätzlich zu den bestehenden Quotenregelungen eingesetzten) erneuerbaren Kraftstoffe auf die CO2-Flottengrenzwerte angerechnet werden können; denn für die Klimawirkung ist es erheblich, welche Antriebsenergie eingesetzt wird.

Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge

Kommunen und andere öffentliche Auftraggeber sind verpflichtet, in den kommenden Jahren im öffentlichen Fuhrpark einen Mindestanteil an klimaschonenden Fahrzeugen einzusetzen: Bei Lkw müssen bis zum Jahr 2025 zehn Prozent klimafreundlich fahren, dieser Wert steigt bis 2030 auf 15 Prozent. Für Busse sind bis 2025 Anteile von 45 Prozent und bis Ende 2030 von 65 Prozent vorgeschrieben. Mit reinen Biokraftstoffen kann eine Kommune diese verbindlichen Vorgaben für Lkw vollständig erfüllen, die für Busse zur Hälfte. Der Einsatz von reinem Biodiesel (B100) und Biomethan ist bereits heute praktikabel und weist im Vergleich mit anderen Optionen günstigere THG-Minderungskosten auf.

Ansprechpartner
Gunnar Placzek

Referent Politik
+49 (0)30 726259-10
placzek@biokraftstoffverband.de

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